"Ist das sowas wie Waldbaden?"

... werde ich oft gefragt, wenn ich erzähle, dass ich mit meinen KlientInnen in den Wald gehe. Mein Antwort darauf ist "ja und nein". 
"Waldbanden" bedeutet, sich gezielt zum Zweck der Gesundheitsförderung im Wald aufzuhalten. In Japan ist das als Shinrin-Yoku bekannt und wird schon seit den 80er Jahren zur Gesundheitsförderung systematisch eingesetzt. Viele wissenschaftliche Studien belegen die gesundheitsfördernde Wirkung eines Aufenthaltes im Wald. Die erstaunlichen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, die Reduktion von Stress und auch der positive Effekt auf das Immunsystem sind vielfach belegt. Es reicht tatsächlich, sich etwa zwei Stunden wöchentlich im Wald aufzuhalten, denn die Terpene, die in der Waldluft sind und uns so gut tun, wirken ein paar Tage über das Waldbaden hinaus.

Wenn ich jedoch mit KlientInnen in den Wald gehe, dann geht der Effekt von Natur-Psychotherapie weit über den des Waldbadens hinaus:

Du bist ein Teil der Natur und sie ist ein Teil von dir. Das klingt so einfach wie einleuchtend und es lohnt sich, das zu erleben! 

Im Wald gehe ich gemeinsam mit meinen KlientInnen neue Wege, erkunde Düfte und spüre, wie sich die Lebendigkeit in der Natur anfühlt. Wir beobachten den Lauf der Jahreszeiten und die Einflüsse von Wetter und Zeit auf den Wald - und auf uns selber. Wo ist mein Weg? Warum fühle ich mich so haltlos, erschöpft, verwirrt, wütend oder traurig? Habe ich eine Depression oder Burnout? Und was sagt das über mich und über meine Zukunft? Bin ich neurodivers (ADHS, ASS)? Und wie kann ich mich trotzdem heil und ganz fühlen? Wo ist mein Weg und was passiert, wenn ich mal einen anderen ausprobieren möchte? - Diesen und vielen anderen Fragen gehe ich mit meinen KlientInnen nach. In der Bewegung oder in Ruhe, im Gespräch oder schweigend, mit Übungen und Natur-Ritualen zu Erdung und Achtsamkeit. Und es ist wundervoll, zu sehen, wie sich mein Gegenüber nach einem solchen Spaziergang mit roten Wangen und tiefen Atemzügen für eine Woche von mir und dem Wald verabschiedet. Mit neuen Ideen und Perspektiven und mit ganz viel Wald im Herzen. 


“Ist das sowas wie Waldbaden?” Ja, irgendwie schon. Aber es ist auch so viel mehr.