Ponys begleiten dich - Psychotherapie tiergestützt
Heute möchte ich einen kleinen Einblick in meine tiergestützte Arbeit mit meinen 4 Ponys geben. Sie leben artgerecht in einer kleinen Herde mit viel Platz. Bei der Therapie sind wir entweder in der Herde oder mit nur einem Pony zusammen. Die Ponys sind dabei immer frei und bieten selbst ihre Begleitung an. So entsteht echte Nähe und heilsame gemeinsame Zeit:
Eine junge Klientin kommt zu mir. Wir haben uns länger nicht gesehen und es geht ihr heute nicht gut. Sie weiß aber auch nicht, was sie mit mir besprechen will - oder ob sie überhaupt sprechen will. Ich schlage vor, dass wir gemeinsam meine Ponys besuchen können.
In dem Bereich, wo der Tisch und die Gartenstühle sind, steht Lily, meine junge Highland-Stute, und frisst gemütlich ihr Müsli. Am Zaun hinter uns fressen die anderen 3 Ponys ihr Heu. Man hört sie Kauen und manchmal schnauben. Die Vögel singen im Baum über uns und in der Hecke und ein Bussard kreist am Himmel. Wir sitzen ruhig und lauschen.
Ich sehe ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht meiner Klientin, als sie sagt: “Das ist genau das Richtige hier.” Eine Weile sitzen wir einfach da und ich spüre, dass sich langsam etwas öffnet. Da Lily noch immer ruhig vor uns ihr Müsli futtert, biete ich meiner Klientin an, das Pony zu putzen. Sie willigt lächelnd ein. Vorsichtig und zögerlich nimmt sie Kontakt mit Lily auf, die ruhig weiter frisst. Schweigend zuerst bürstet die junge Frau das Pony. Aber nach und nach sehe ich, wie sich ihre Körperhaltung entspannt, wie sie so achtsam und liebevoll mit dem Pony umgeht, wie es ihr mit sich selber kaum gelingt. In der Reflexion spürt sie dem Gefühl nach, etwas Gutes für das Pony getan zu haben und sich selbst dabei gleich mit. Sie überlegt, wie ruhig und gelassen sich das Pony fühlt, wenn es so gestreichelt und gebürstet wird und wann sie sich zuletzt so gefühlt hat. Die Zeit ist schneller um als erwartet. Die Stunde sei wie eine Pause gewesen, seufzt sie in der abschließenden Reflexion.
In den nächsten Wochen geht sie mehr und mehr in Verbindung mit Lily. Die Vorfreude auf die gemeinsame Zeit mit dem Pony erhellt zunehmend ihre Ängste und Unsicherheiten. Sie wird aktiver im Umgang mit Lily, versorgt sie mit Futter, putzt sie und beginnt unter meiner Anleitung, kleine Tricks mit ihr zu machen. Ich sehe sie lachen, denn Lily ist motiviert und so eifrig bei der Sache. Es ist nicht alles überstanden, im Gegenteil: der Weg für sie ist noch weit. Aber sie hat hier mit Lily einen sicheren Ort gefunden, an dem sie andere Dinge erleben kann, die ein Stück weit in den Alltag strahlen.
Der Kontakt zu einem Pony wirkt auf vielen Ebenen beruhigend und Angst-lösend. Die Seele kann Atem holen und ein wenig Licht und Hoffnung sehen. Am Ende der Stunden kann sie mehr und mehr darüber erzählen, wie es ihr geht und was sie braucht. Jedesmal verabschiedet sie sich von Lily und geht mit einem Lächeln.
Ein paar Tage später kommt eine junge Mutter zu mir, die es geschafft hat, sich etwas Zeit für sich zu nehmen. Sie sagt, dass sie schon immer gerne Pferde mag und geht mit mir in die Herde der Ponys, die ruhig und entspannt ihren Tag gemeinsam verleben. Mein kleinstes Pony Merlin löst sich aus der Herde. Er mag Menschen sehr und nimmt sofort Kontakt auf. Während sie ihn krault, wird er hektischer und immer aufdringlicher. Das wundert mich und ist untypisch für ihn. Meine Klientin lacht und bestärkt ihn durch Stimme und Körpersprache. Ich greife nun ein und unterstütze meine Klientin dabei, sich abzugrenzen. Sie kann sich nicht entscheiden: Abgrenzen oder liebevoll kraulen? Merlin bekommt einen Arm voll Heu und wir setzen uns in seine Nähe. Er frisst ruhig, als würde er sagen: “Meine Aufgabe habe ich getan. Jetzt seid ihr dran.” Gemeinsam reflektieren wir die Begegnung. Nach und nach erzählt die junge Frau, dass es ihr oft schwer fällt, ihre eigenen Grenzen gegenüber anderen klar zu äußern. Merlin hat das offenbar gespürt und gespiegelt. Es ist so sichtbar geworden und wir können in den nächsten Stunden mit den Ponys daran arbeiten: Grenzen setzen und trotzdem gleichzeitig liebevoll und in Verbindung sein. Für sich selbst sorgen und erleben, dass es keinen Kontaktabbruch bedeutet. Wie fühlt sich das an? Wo ist das im Alltag möglich?
Sie berichtet in den folgenden Wochen, dass sie nun mehr darauf achte, wie es ihr mit den Ansprüchen gehe, die andere Menschen in Familie und Arbeit an sie stellen. Nach und nach gelingt es ihr, die Klarheit aus der Begenung mit den Ponys mit in ihren Alltag zu nehmen. Sie habe dabei oft Situationen aus der tiergestützen Therapie im Kopf, sagt sie und krault dabei lächelnd Merlin, der nun auf ihre gestärkte innere Grenze reagiert und dabei freundlich mit ihr verbunden bleibt.
Die ersten Schritte sind getan und sie trägt die neuen Erfahrungen in ihren Alltag. Ab und an kommt sie wieder, um bei den Ponys zu sein, sich spiegeln zu lassen und sich wohl und geborgen in der Herde zu fühlen, die keine Ansprüche stellt.
Pferde reagieren nicht auf halbherzige Versuche oder viele Worte. Sie lesen den Menschen: Körpersprache und Mimik, sie spüren den Herzschlag und die Atmung des Menschen. Sie spiegeln sanft und ohne Druck, sie unterstützen und trösten. Deshalb sind sie Begleiter in meiner Naturpsychotherapie-Praxis. Wir sind alle ein Teil der Natur und sie ein Teil von uns. Dadurch sind wir verbunden. Diese Verbindung eröffnet Raum für Lebensfreude, Entwicklung, neue Lösungen und Selbstliebe. Egal ob im Wald, am Feuer, in meinem Praxisraum - oder eben bei den Ponys.